Ataxie - wackelnd durch die Welt

von Nicole G.


Drei Geschwister, geboren am 28.04.2009 in einem Tierheim in OHZ... dort verbrachten sie aus verschiedenen Gründen die ersten 5 (fünf !) Jahre ihres Lebens. Bis zum 17.04.2014 - an diesem Tag zog das Trio endlich aus dem Tierheim aus und bei mir ein - und hat seit dem mein Leben komplett umgekrempelt  ;-) ...

Alle drei haben Ataxie - eine angeborene, neurologische Bewegungsstörung, die nicht heilbar ist und in unterschiedliche starken Ausprägungen auftreten kann. Außer diesen Bewegungsstörungen sind die drei aber völlig normale Katzen, mit der gleichen Lebenserwartung, die auch gesunde Tiere haben.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schröder

Stattlicher 8 kg Kater, der viel im- posanter aussieht, als er mutig ist ;-). Lässt sich mit Vorliebe seine dicke Katerplautze kraulen (gern auch mehrmals am Tag) und spielt gern mit seiner Lieblings Plüsch-maus...

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Maggie

Auch liebevoll Maggie the Moppel- chen genannt... stärkster Ataxie- grad, was sie aber nicht davon ab- hält, munter durchs Leben zu rum- peln. Geht nicht, gibts nicht... und fressen geht sowieso immer :-)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Julchen

Die kleine Zicke - nur halb so groß wie ihr Bruder, aber doppelt so frech... Leckerlis werden lautstark eingefordert, Futter sowieso und ab und an darf Dosi ihr auch den Bauch streicheln...



Es gibt schon einige Websites, die sich intensiver mit der Thematik befassen und viele Informationen zur Felinen Ataxie bieten, daher werde ich hier das Rad nicht neu erfinden, sondern unten ein paar entsprechende Links anfügen.

 

Nur soviel - es handelt sich bei der Ataxie um neurologische Bewegungstörungen, die in den meisten Fällen angeboren sind. Die Bewegungen der Tiere wirken unkoordiniert, sie wirken beim Stehen instabil und unsicher, teilweise fallen Ataxisten auch beim Laufen einfach mal um oder schwanken stark. 



Ataxie ist nicht heilbar,  je nach Förderung der Tiere können sich die Symptome aber möglicherweise etwas verringern oder die Ataxisten verbessern ihre Beweglichkeit.

Ich kann nur die Erfahrungswerte weitergeben, die ich mit meinen Ataxisten gemacht habe. Wir haben hier vieles ausprobiert und fast genauso viel wieder verworfen. Unzählige Dinge angeschafft und wieder abgeschafft (aber natürlich nicht weggeworfen, sondern verschenkt oder gespendet!). Manche Dinge, die andere als nützlich betrachten, funktionieren hier gar nicht und manchmal ist improvisieren viel besser, als irgendwas fertig zu kaufen... und Kartons gehen sowieso immer ;-) ...


Die Top 5 der meist verwendten Wörter eines Wackelkatzendosis
Reinkommen - Vorsichtig - Langsam - Super - Nicht schubsen  .... ;-) ...


Alltagsherausforderungen

Ja, die gibt es bei Ataxisten... jeden Tag aufs Neue... und man sollte sich darüber im Klaren sein, das jederzeit etwas passieren kann, was bei gesunden Katzen unter normalen Umständen vermutlich nicht passieren würde...

 

Und ich spreche nicht davon, das Schröder der weltbeste Streubuddler weit und breit ist, der hier den gesamten Inhalt eines Haubenlosen Katzenklos in minutenschnelle im gesamten Hauswirtschaftsraum verteilen kann. (Deshalb gibts hier  übrigens nur noch Haubenklos ;-) !!)

Es geht eher darum, das Schröder es vielleicht mal nicht schafft, seinen gesamten Astralkörper inkl. Pöter ins Klo zu befördern... und dann hängt der Hintern halt vorn durch die Öffnung noch raus... und er setzt den halben Raum unter Wasser... Katerblase halt...

 

Und sowas passiert natürlich NICHT, wenn frau alle Zeit der Welt hat... Nein, weit gefehlt... mein Schrödertier hat ein unglaubliches Timing für so was... Entweder,  gern früh morgens, wenn ich eigentlich just zur Tür raus will, weil ich zur Arbeit muss oder - auch eine schöne Alternative - spät abends.... wenn ich schon Bettfertig bin und eigentlich nur noch mal einen kurzen Kontrollblick in die Katzenklos werfen wollte...

Dann ist aber nix mehr mit kurz  oder gleich losfahren... dann legt man sein Gerölle wieder zur Seite, holt die feuchten Bodenwischtücher aus dem Schrank und entfernt das Malheur halt.

Und zwar OHNE dem Kater dafür eine Standpauke zu halten und auch OHNE ihn zu beschuldigen, er würde das absichtlich machen, um mich zu ärgern. Denn das tut er nicht....

 

Es kann sein, das Schröder es monatelang schafft, den Hintern richtig ins Klos zu hieven und dann aber innerhalb von 2 Wochen dreimal über den Klorand pinkelt... nun, es ist, wie es ist... wer die Gelassenheit nicht hat, mit so etwas umzugehen (auch wenn es manchmal zeitlich so überhaupt nicht passt), der sollte die Finger von Ataxiekatzen lassen!



 

Wie ist denn so das Leben mit Ataxiekatzen....


Es gibt sicherlich Menschen  - vielleicht sogar auch in meinem Bekanntenkreis - die glauben, das Leben von jemandem der "behinderte" Katzen hält, würde aus "Verzicht und Entbehrungen" bestehen... Mal abgesehen davon, das ich die Ataxie meiner Katzen nicht wirklich als Behinderung betrachte (ja, schon klar, offiziell gilt das als Behinderung, aber das is' mir doch egal...) - muss ich hier ganz klar zugeben: Ja, ich muss verzichten... jeden Tag... und zwar

 

* auf eine stylische, minimalistische Wohnungseinrichtung – denn es sieht hier inzwischen aus, wie in einem Lager für Katzenzubehör und überall stehen Kartontreppen oder Aufstiegshilfen herum. Aber man muss schließlich Prioritäten setzen – und hier herrschen halt zwei Mottos - 1. „Die Katzen leben hier und die sollen sich wohlfühlen“ und 2. „Safety first“...

 

* auf lupenreine Sauberkeit und teppichlose Fussböden… statt dessen habe ich inzwischen über all dicke Teppiche und vor allen Aufstiegshilfen Teppichfliesen…und irgendwie liegen immer irgendwo Katzenstreu, Pappschnipsel von den Kratzpappen, Katzenhaare oder Spielzeug rum…aber mal ehrlich, wer will denn schon in einem Museum leben und antiseptische Reinheit wird sowieso völlig überbewertet!


* auf eine schicke saubere Treppe mit Steinstufen – statt dessen sind die Zwischenräume mit transparenter Folie geschlossen und die Stufen mit Stufenmatten und zusätzlichen Treppichfliesen beklebt. Womit wir wieder beim Motto 2. "Safety first" wären!  Auch Maggie the Moppelchen muss hier gefahrlos die Treppe rauf und runter klettern können… Punkt. Aus. Ende.  Keine weiteren Diskussionen...  Apropos Safety - Ich werde definitiv nie wieder beim Treppe runter laufen auf der vorletzten Stufe ins Rutschen kommen und mir das Aussenband im Knöchel zerren...  so war nennt man dann wohl zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen ;-) ....

 

* auf freie Aussicht aus dem Wohnzimmerfenster – „Fühlst Du Dich nicht wie im Knast!??! Ähm, nö, wieso? Nur weil man auf das vernetzte Katzengehege auf der Terrasse schaut? …In dem sich mein Trio im Sommer übrigens stundenlang in der Sonne aalen kann, was sie ganz offensichtlich auch ziemlich toll finden. Und das Gehege hat einen ungeheuer positiven Nebeneffekt - ich kann jetzt im Sommer endlich einfach die Terrassentür den ganzen Tag offen lassen, wenn ich zu Hause bin, ohne das alle Nase lang fremde Katzen in meiner Wohnung herumlaufen!! … ;-)


* auf einen hübschen und gepflegten Windfang mit Dekoschningeling und Blumen…Boah, was war das immer für ein Aufriss mit dem Putzen und Sauberhalten…alle Nase lang Pflanzen umtopfen und Deko der Saison aufstellen und aufhängen… Puh… Das vermisse ich echt kein Stück - vor allem nicht wenn ich sehe, wie drei sichtlich entspannte Wackelkatzen im Sommer oben auf dem Aussichtspodest liegen und die Vögel im Garten beobachten…und es ist übrigens immer noch ausreichend Platz vorn, um eine Klappmatratze dort auszulegen… auf der ich dann im Sommer meine Nachmittagssiesta halte :-)!

 

* auf einen sauberen Küchenfussboden … ja, sie schmoddern sicherlich beim Fressen mehr als andere Katzen, aber dafür gibt es schließlich Feucht- und Schwammtücher und nein, bei mir muss man als Mensch nicht vom Fußboden essen können – ich hab schließlich einen Eßzimmertisch ;-)

 

* auf einen Teil meiner Freizeit… ja zugegeben - Schröder möchte gern möglichst 2 x am Tag ausgiebig die Plautze gekrault bekommen und spielen wollen alle Abends auch noch eine Runde… Das geht natürlich massiv von der Zeit ab, die ich früher vor dem Fernseher dahin vegetiert habe… würde ich jetzt aber nicht unbedingt als Verzicht oder Entbehrung bezeichnen… Andere brauchen halt autogenes Training oder progressive Muskelentspannung um abzuschalten… ich kraule derweil eine Runde meinen schnurrenden Kater … ganz klar eine Win-Win Situation für beide Seiten!

 

* auf einen sauberen Hauswirtschaftsraum… hmm… sind die Katzenklos von Ataxiekatzen dreckiger, als die von normalen Fellnasen? Eine Freundin hat fünf gesunde Katzen und ich kann ganz klar sagen – NEIN, die Klos meiner Wackelkatzen sehen nicht anders aus, als die Klos ihrer Tiere...auch wenn Schröder in der Tat ab und zu mal über den Rand pinkelt oder in seinem Enthusiasmus mehr aus dem Klo schaufelt, als mir lieb wäre… Aber auch hier – ich habe in meinem Bekanntenkreis auch Menschen mit Kindern und glaubt mir, die machen SEHR VIEL MEHR DRECK als meine drei Ataxiekatzen!

 

Ansonsten –

 

Nein, Ataxiekatzen kosten im Unterhalt nicht mehr als andere Katzen und ja, ich kaufe absolut freiwillig hochwertiges Futter, das halt teurer ist, als das meist völlig minderwertige Zeug im Supermarkt – aber das würde ich auch für „normale“ Katzen kaufen. Das hat nichts mit der Ataxie zu tun, sondern mit der Verantwortung meinen Tieren gegenüber!

 

Und nein, ich muss nicht öfter zum Tierarzt mit meinen Wacklern, als mit normalen Katzen. Ich wette, Schröder wäre sehr froh, wenn ich ihn nicht alle 4 – 6 Monate zur Blutabnahme schleppen würde, um seine Nierenwerte zu checken... aber so was kommt auch bei "gesunden" Fellnasen vor.

 

Ich spare sogar die Kosten für die regelmäßigen Impfungen, Wurmkuren und Floh-/Zeckenmitteln, die andere Leute ihren Freigängern alle Nase lang antun, weil ich meinen Tieren nicht einfach irgend ein Chemiezeug in den Nacken haue oder sie mit Medikamenten vollstopfe, die nicht notwendig sind. Zweimal im Jahr geht eine Sammelkotprobe ins Labor - und wenn keine Würmer da sind, dann wird auch nicht entwurmt.

 

So, wie war das jetzt noch mal? Verzicht und Entbehrungen?

 

Hmm.. nee, sorry, kann ich nicht mit dienen...

Im Gegenteil, diese drei Wackelkatzen bereichern mein Leben ungeheuer! Sie haben mir Gelassenheit beigebracht und beweisen jeden Tag aufs Neue, das viele Dinge möglich sind, wenn man nur will.
Ich bin achtsamer geworden, seit dem sie hier sind - mache mir mehr Gedanken über meine Umwelt  und darüber, was ich tun kann, um Tiere und Natur zu schützen. Das hat übrigens dazu geführt, das ich seit geraumer Zeit freiwillig auf viele Dinge verzichte ... aber damit kann ich mehr als gut leben!

 


Dies sind ausgewählte Zitate aus Nicoles Webseite, ergänzt mit weiterführenden Links.

Zum ganz ausführlichen Weiterlesen geht es hier auf Nicoles wunderschöne Webseite
und hier zum Forum "Sonnenkätzchen", Nicoles besonderer Empfehlung.

Danke an Nicole, Schröder, Maggie & Julchen!

13.05.2017